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Funklöcher schließen ja, schnelles Internet nein

Funklöcher schließen ja, schnelles Internet nein

Mittwoch, 24.07.2024

Nach monatelangem Streit will die Bundesregierung nun doch den Netzausbau beschleunigen. Die Branche bezweifelt allerdings, dass das neue Gesetz dabei wirklich helfen wird.

Es war ein monatelanges Hin und Her. Mehr als ein Dutzend Mal stand das Gesetz, das den Netzausbau in Deutschland unbürokratischer und schneller machen soll, schon auf der Agenda des Bundeskabinetts, das sich jeden Mittwoch trifft. Und mehr als ein Dutzend Mal flog es kurz vor der Abstimmung wieder von der Tagesordnung. Von Beschleunigung kann beim „Telekommunikations-Netzausbau-Beschleunigungs-Gesetz“, kurz TK-Nabeg, bislang also keine Rede sein.

An diesem Mittwoch gab es nun eine Überraschung: Das TK-Nabeg übernachtete nicht nur auf der Tagesordnung, es wurde am Vormittag tatsächlich vom Kabinett beschlossen. „Mit diesem Gesetz beschleunigen wir den dringend notwendigen Ausbau unserer digitalen Infrastruktur“, sagte Bundesdigitalminister Volker Wissing (FDP) im Anschluss. Er legt damit einen langwierigen Streit mit Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) bei.

Das ist ja „überragend
Hintergrund für seine Auseinandersetzung war ein einziges Wort: „überragend“. Was für die Gen Z einfach nur ein Ausdruck überschwänglicher Zustimmung ist, macht in Genehmigungsverfahren für Windkraftanlagen, Fernstraßen oder LNG-Terminals einen entscheidenden Unterschied. Ist ihr Bau nicht nur „im öffentlichen Interesse“, sondern „im überragenden öffentlichen Interesse“, dürfen Behörden ihn über Naturschutz, Wasserschutz oder Denkmalschutz stellen, sprich: höher priorisieren als die Umweltvorschriften.

Beim Bau von Mobilfunkmasten und Glasfaserleitungen hat dieses „überragend“ bislang gefehlt, was der Industrie zufolge in vielen Fällen zu langwierigen Prüfungen und Planungsverfahren führte, die am Ende den Netzausbau behinderten oder zumindest verlangsamten. Wissing setzte sich deshalb unter Verweis auf die nicht gerade überragende Glasfaserversorgung in Deutschland dafür ein, das Wörtchen im TK-Nabeg zu verankern.

Gegenwind bekam er von seiner Kabinettskollegin Lemke und den Grünen. Die wollen den Ausbau zwar grundsätzlich ebenfalls beschleunigen, sahen in dem Gesetz aber die Gefahr, den Naturschutz noch weiter zurückzudrängen – und schlicht keine Notwendigkeit für das Prädikat „überragend“. Dabei hatten sie zuvor zugestimmt, als Wissings Ministerium es ausgerechnet 138 Autobahnprojekten verpassen wollte. Und auch der Ausbau der erneuerbaren Energien hat gezeigt, dass das Wörtchen und seine Folgen sehr wohl zu einer maßgeblichen Beschleunigung der Genehmigungsverfahren führen können.

Weg mit den Funklöchern
Dennoch hat sich Lemke nun durchgesetzt. Zwar soll der Ausbau der Telekommunikationsnetze bis Ende 2030 im „überragenden öffentlichen Interesse“ liegen. Der jetzt gefundene Kompromiss sieht jedoch vor, dass das in Bezug auf den Naturschutz lediglich für Mobilfunkmasten gilt – und auch nur dort, wo der jeweilige Anbieter noch keine Mobilfunkversorgung hat. Sprich: Wo es bislang Funklöcher gibt. Dem Digitalministerium zufolge trifft das auf immerhin knapp 17 Prozent der Fläche Deutschlands zu. „Wir senden damit das wichtige Signal an die Wirtschaft, dass wir die Digitalisierung entschlossen vorantreiben“, sagte Wissing. „Diese Regierung kann Umweltschutz und die Modernisierung unseres Landes in Einklang bringen.

Der Bundesverband Breitbandkommunikation (Breko), der die Glasfaseranbieter in Deutschland vertritt, sieht das anders. „Mit mehr als einem halben Jahr Verspätung wollte die Ampel-Koalition heute eigentlich ein Gesetz für mehr Tempo beim Glasfaser- und Mobilfunkausbau beschließen. Daran ist sie krachend gescheitert“, sagt Geschäftsführer Stephan Albers. Der Grund für seinen Ärger: Anders als dem Mobilfunk wird dem Glasfaserausbau gegenüber dem Naturschutz kein „überragendes öffentliches Interesse“ zugestanden. Und das, obwohl hierzulande nur etwa jeder dritte Haushalt über einen Glasfaseranschluss verfügt. Von allen 38 Ländern der OECD rangiert Deutschland damit auf dem drittletzten Platz. „Damit macht die Bundesregierung deutlich, dass der Glasfaserausbau für sie offensichtlich keine Priorität mehr hat“, sagte Albers. In Deutschland haben etwa 37 Prozent der Fläche einen besonderen Schutzstatus. Überall dort dürfte es mit dem Ausbau also schwierig bleiben. Im Umweltministerium sieht man es hingegen so, dass „Konflikte zwischen dem Ausbau und dem Naturschutz weiterhin ausgewogen gelöst werden können“.

Aus Sicht der Branche hat die Ampel jedoch noch etwas versäumt: eine gesetzliche Regelung für den Übergang von Kupfer- auf Glasfasernetze. Die sei aber nötig, „um sicherzustellen, dass die Abschaltung der Kupfernetze durch die Deutsche Telekom wettbewerbskonform und verbraucherfreundlich erfolgt“, so Albers. Positiv bewertet er hingegen den Beschluss, den sogenannten Hausstich – also den letzten Schritt, um ein Gebäude mit Glasfaser zu versorgen – ohne zusätzliche Genehmigung vornehmen zu dürfen. So könnten einige Haushalte schneller ans Glasfasernetz angeschlossen werden. Dem Ausbau in der Fläche hilft das freilich wenig.

Den Link zur Pressemittelung finden Sie hier.

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