Die Mitnutzung von Leerrohren als Doppelausbau zu bezeichnen, sei irritierend und stelle das gesamte EU-Vorhaben Gigabit Infrastructure Act (GIA) in Frage. Das erklärte Deutsche-Telekom-Sprecherin Nicole Schmidt Golem.de auf Nachfrage.
Der Bundesverband Breitbandkommunikation (Breko) will bei der Europäischen Kommission durchsetzen, dass eine Mitnutzung von passiver Glasfaserinfrastruktur durch Konkurrenten abgelehnt werden kann, sofern fairer Wettbewerb über einen virtuellen Netzzugang (Bitstream Access) möglich ist.
"Der GIA soll eben gerade die gegenseitige Mitnutzung von Leerrohren stärken, um europaweit den Glasfaserausbau schneller und kostengünstiger zu machen. Die Forderung des Breko dagegen ist die Beibehaltung des TKG-Status-quo in Deutschland", betonte Schmidt.
Laut Breko wird bei der Mitnutzung durch den Leerrohrzugang eine parallele Infrastruktur aufgebaut, was eine Form des Doppelausbaus sei. Genauso sei es bei der Mitverlegung doppelter Leerrohre.
Die Telekom müsse schon heute – unabhängig vom GIA – Wettbewerbern aufgrund der FTTH-Regulierungsverfügung Zugang zu Leerrohren ("bauliche Anlagen") gewähren, erklärte Schmidt. Die Wettbewerber dagegen dürften ablehnen. "Das ist diskriminierend, führt zu einer massiven Schieflage im Markt und zu Wettbewerbsverzerrungen und zementiert den Wunsch der Wettbewerber nach lokalen Glasfasermonopolen zum Nachteil der Kunden", sagte Schmidt wörtlich.
Ist Mitverlegung für den Ausbau sinnvoll?
In Deutschland gebe es fast 300 FTTH/B-Netzbetreiber und rund 70 Prozent des Glasfaserausbaus entfielen auf Wettbewerber der Telekom, rechnete Schmidt vor. So sei es nur folgerichtig, "die Zugangs- und Koordinierungsregeln konsequent symmetrisch zu gestalten". Dennoch ist die Telekom im Festnetz der marktmächtigste Betreiber in Deutschland.
Laut der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK) soll der GIA die Kosten für den Glasfaserausbau senken, die Bauarbeiten besser koordinieren, bestehende Infrastruktur teilen und die Transparenz erhöhen. Ausbauende Unternehmen sollen ihre Bauarbeiten koordinieren, sofern diese öffentlich finanziert sind.
Mit dieser Mitverlegung lassen sich laut DIHK Synergien beim Netzausbau nutzen, weil so Straßen oder Gehwege nicht mehrfach aufgerissen werden müssen. Allerdings sollten auch nationale Besonderheiten berücksichtigt werden, weil in erster Linie ein flächendeckender Glasfaserausbau erforderlich sei, bevor der Aufbau mehrerer paralleler Netze in den Fokus genommen werden könne.
In Ländern wie Deutschland, in denen der Großteil des Glasfaserausbaus noch realisiert werden müsse und kein flächendeckendes Leerrohrnetz bestehe, sei aber ein unbeschränkter Anspruch auf Mitnutzung bestehender Infrastrukturen sehr kritisch, weil dieser strategisch zum Überbau von Glasfasernetzen genutzt werden könne, kritisieren Telekom-Wettbewerber.
Ein solcher Überbau reduziere die Auslastung und damit die Wirtschaftlichkeit bestehender Glasfasernetze, und dies besonders drastisch, wenn er durch die Telekom erfolge, die durch ihre große Zahl an Bestandskunden im VDSL-Netz einen erheblichen Vorteil in der Vermarktung habe. In der Folge würden Investitionen in neue Glasfasernetze deutlich weniger attraktiv.
Laut Breko hat auch der deutsche Gesetzgeber diese Problemlage erkannt und schon vor einigen Jahren eine Regelung erlassen, die einen Überbau bestehender Glasfasernetze durch Mitnutzung bestehender Infrastrukturen verhindert. Als Ex-Monopolist müsse die Telekom den Zugang gewähren, weil sie das einzige marktbeherrschende Unternehmen im deutschen Festnetz sei.
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