Das Ziel ist klar, aber der Weg dahin noch weit: Auf lange Sicht soll DSL in Deutschland verschwinden und jeder soll die Möglichkeit haben, einen Glasfaseranschluss zu bekommen. DSL soll unter anderem deswegen verschwinden, weil es nicht wirtschaftlich ist, die alte Kupfer-Infrastruktur parallel zur modernen Glasfaserleitung zu betreiben. Doch wie gestaltet man die sogenannte Kupfer-Glas-Migration? Und wie schafft man es, die unterschiedlichen Interessen von Wettbewerbern und Telekom unter einen Hut zu bekommen? Das wollte die Bundesnetzagentur herausfinden und hatte Pilotprojekte gestartet. Deren Auswertung liegt jetzt vor.
Glasfaser-Ausbau: Homes Passed entwickelt sich zum Problem
Die drei Pilotprojekte waren im Februar in Thüringen und Hessen gestartet. Der Wechsel eines ganzen Gebietes von kupferbasiertem DSL- auf neu errichtete Glasfaser-Anschlüsse sollte getestet werden. Wesentliche Erkenntnis: Voraussetzung für die zukünftige Abschaltung der traditionellen Kupfer-Infrastrukturen ist nicht nur der Netzausbau entlang der Straßen (Homes Passed), sondern insbesondere auch der Anschluss der Häuser und der Netzausbau innerhalb der Gebäude (Homes Connected). Das wiederum bedeutet, dass der derzeitige Telekom-Ausbau, der hauptsächlich auf Homes Passed basiert, nicht zielführend ist, um DSL abzuschalten. Die Migration von Endkunden zu Glasfaser „wurde durch Wartezeiten erschwert“, die durch den Bau der letzten Meter Glasfaserleitung entstanden, heißt es im Bericht über die Pilotgebiete. Das Gigabitforum der Bundesnetzagentur empfiehlt daher, den Ausbau bis in die Wohnungen jetzt zu forcieren und eine Erleichterung des Ausbaus durch rechtliche Änderungen zu prüfen.
Die Wettbewerber der Telekom konfrontieren diese schon lange mit dem Vorwurf, dass der Ausbau von Homes Passed-Anschlüssen nicht mehr ist, als ein Handtuch auszuwerfen. Denn dort, wo die Telekom schon einen Fuß in der Tür (also eine Glasfaser in der Erde) hat, lohnt es sich für die Wettbewerber kaum, auch auszubauen. Gleichzeitig aber ist die Hürde für die Kunden, eine solche Leitung zu buchen und zu bekommen, offenbar hoch. Somit bleiben sie im DSL-Netz und manifestieren das Leitungsmonopol der Telekom in diesen Gebieten.
Pilotprojekte: Wechsel auf Glasfaser erschwert
„Die Pilotprojekte haben gezeigt, dass Verbraucherinnen und Verbraucher von Anfang an mitgenommen und umfassend informiert werden müssen, damit sie ausreichend Zeit haben, sich auf die Umstellung einzustellen“, heißt es vom Branchenverband Breko, der die Wettbewerber der Telekom vereint.
Die Pilotgebiete unterschieden sich. So waren in einigen Gebieten keine VDSL-Anschlüsse mit mehr als 100 Mbit/s mehr buchbar, aber Internet per Kabel. In anderen Bereichen des Gebietes hingegen schaltete man aktiv Anschlüsse, die auf Kupfer basierten, ab. Hier konnte man dann auch eine verstärkte Buchung von Glasfaserleitungen beobachten. Moniert wurde von vielen Haushalten aber demnach, dass sie künftig mehr zahlen müssen. Der Grund: Sie waren bisher mit einer 16-Mbit/s-Leitung unterwegs, die sie für ausreichend hielten. Auf der Glasfaser-Infrastruktur beginnen die Tarife sinnhafterweise aber erst bei 50 Mbit/s und kosten somit mehr. Innerhalb der gleichen Tarifstufe ist eine Glasfaserleitung hingegen kaum teurer als DSL.
Problematisch auch: Hauseigentümer verweigerten den Glasfaser-Netzbetreibern den Zugang zum Haus. Die Leitung konnte somit nicht verlegt werden, auch wenn Mieter diese bestellt hatten. Eine vollständige Versorgung mit Glasfaser-Internet ist so kaum möglich.
So geht es weiter
Die Bundesnetzagentur will nun gemeinsam mit dem Bundesministerium für Digitales und Verkehr ein Gesamtkonzept zur Kupfer-Glas-Migration erarbeiten. „Es soll umfassend verbraucher- und wettbewerbspolitische Aspekte adressieren“, heißt es von der Behörde. Der Diskussion mit der Branche und im politischen Raum werde hierbei eine hohe Bedeutung zukommen, teilte man mit. Dabei soll es auch um möglicherweise notwendige gesetzliche Änderungen für einen beschleunigten Übergang gehen. Außerdem will die Bundesnetzagentur bereits im Vorfeld des gesetzlich vorgesehenen Verfahrens zur Abschaltung der Kupfernetze strukturierende Hinweise erarbeiten und veröffentlichen. Ziel sei es, die Planungssicherheit frühzeitig zu erhöhen und dadurch die Prozessschritte einer konkreten Abschaltung der Kupfernetze zu beschleunigen.
Unklar ist beispielsweise aktuell, ob zu den abzuschaltenden Kupfernetzen auch das TV-Kabel gehört. Dieses besteht je nach Ausbaustand mehr oder weniger aus Kupfer-Koaxialleitungen. Unklar ist auch, wie und unter welchen Bedingungen festgelegt wird, in welchen Gebieten DSL zuerst abgeschaltet werden soll. Die Wettbewerber befürchten, dass sie keine Möglichkeit haben, die Telekom zu zwingen, ihr DSL-Netz abzuschalten, sofern sie ganze Ausbaugebiete mit ihrem Glasfaser-Netz versorgt haben.
Klar ist aber: Es wird keinen bundesweiten Tag X geben, zu dem DSL abgeschaltet wird. In einigen Regionen, so erwarten Insider, könnte es schon kommendes Jahr losgehen. Da man aber auch befürchtet, der Glasfaserausbau könne sich bis 2040 hinziehen, macht das deutlich, über welchen Zeitraum man bei dem Projekt der Kupfer-Glas-Migration spricht.
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