Einem Bericht zufolge hat die Führungsebene des Bundesministeriums für Digitales und Verkehr (BMDV) massiven politischen Einfluss auf die Untersuchung der Bundesnetzagentur zum Überbau von Glasfasernetzen genommen. Vor allem Staatssekretär Stefan Schnorr (FDP) soll sich für die Deutsche Telekom ins Zeug gelegt und dafür gesorgt haben, dass das Urteil der Regulierungsbehörde über das vielfach beklagte Rosinenpicken des Magenta-Konzerns nicht zu hart ausfällt und dieser einfach weitermachen kann. Die Wettbewerberverbände Anga, Breko, VATM und VKU halten dieses Vorgehen für inakzeptabel: "Damit schützt das Ministerium die Interessen der Telekom, an der der Bund direkt und indirekt immer noch mit knapp 28 Prozent beteiligt ist."
Schnorr habe es der Telekom erspart, detaillierte Daten über ihre Glasfaserausbaupläne offenlegen zu müssen, schreibt der Tagesspiegel unter Verweis auf interne Dokumente der Bundesnetzagentur, die diese nach einer Informationsfreiheitsanfrage herausgegeben hat. Letztlich habe dem Platzhirsch so nicht nachgewiesen werden können, seine Marktmacht möglicherweise zu missbrauchen. "Dadurch kann die Telekom ihren strategisch-destruktiven Glasfaser-Doppelausbau fortsetzen und den flächendeckenden Glasfaserausbau für ganz Deutschland weiter ausbremsen", monieren die Konkurrenten. Schnorr habe ein vom eigenen Haus und vom Regulierer als notwendig erachtetes weitergehendes Auskunftsersuchen an die Telekom verhindert, um deren Pläne auf Anzeichen einer Verdrängungsabsicht hin zu untersuchen. Die "skandalöse" Begründung: der Ex-Monopolist dürfe nicht "an den Pranger" gestellt werden.
Wettbewerber: Gemauschel schadet der Digitalisierung
Die Ergebnisse der Analyse hätten eigentlich schon im Januar veröffentlicht werden sollen. Ende März beschwerten sich Anga, Breko und VATM bei der Bundesregierung, dass die Netzagentur die Publikation des Berichts und so auch "konsequentes Handeln" verzögere. Mitte April stellte die Behörde dann einen "Zwischenbericht" online. Tenor: Die Telekom konzentriert sich beim Verlegen von Glasfaserleitungen stark auf lukrative Kerngebiete. Sie reagiert zudem deutlich häufiger kurzfristig auf den Vertriebsstart eines erstausbauenden Konkurrenten, als dies andersrum der Fall ist. Die Wettbewerber sehen damit das Potenzial des Platzhirschs bestätigt, "wettbewerbsschädigenden Doppelausbau mit dem Ziel der Verdrängung anderer Unternehmen zu betreiben".
Auch eine Passage, in der der eigentlich unabhängige Regulierer die Vertriebsmethoden der Telekom als "aggressiv" darstellen wollte, soll auf Drängen des BMDVs gestrichen worden sein. Der gezielte Doppelausbau der Telekom sei weiterhin ein massives Problem für das Erreichen des Regierungsziels flächendeckender schneller Internetanschlüsse und die dafür notwendigen Milliardeninvestitionen, monieren die vier Verbände. Mit ihrer Untätigkeit schützten Politik und Regulierer einseitig die Interessen des Magenta-Konzerns und schadeten der Digitalisierung in Deutschland. Die Telekom müsse nun verpflichtet werden, ihre Glasfaser-Ausbaupläne vertraulich bei der Bundesnetzagentur zu hinterlegen und so für eine gründliche Untersuchung freizugeben.
Das Digitalministerium wiegelt ab
Beim BMDV versteht man die Aufregung nicht. Das Ressort habe sich mit der Regulierungsbehörde bei der Erstellung des Zwischenberichts "bei mehreren Gelegenheiten und auf verschiedenen Ebenen abgestimmt", erklärte ein Sprecher gegenüber heise online. Ein solcher Prozess zwischen den Häusern "erfolgt im Rahmen der Fachaufsicht und ist keinesfalls ungewöhnlich". Dass erste Entwürfe der Arbeitsebene nach Klärung weiterer aufgekommener Fragen – auch innerhalb der Bundesnetzagentur – verändert würden, komme ebenfalls öfters vor. Tatsächlicher oder angekündigter Doppelausbau sei auch "nicht per se problematisch". Gerade in dicht besiedelten Gebieten könne der parallele Betrieb von zwei oder mehr Glasfasernetzen wirtschaftlich sein. Bei wettbewerbswidrigen Verhaltensweisen bestünden schon jetzt gesetzliche Grundlagen, die ein Eingreifen der Wettbewerbsbehörden zuließen.
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