Bis 2030 soll die Glasfaser-Infrastruktur in Deutschland flächendeckend ausgebaut sein – doch dieses Ziel wird der Bund einer aktuellen Untersuchung zufolge deutlich verfehlen. Demnach schreitet der Ausbau in der Fläche zwar voran, aber zu langsam, und er verliert an Tempo. Das geht aus einer Marktanalyse hervor, die der Bundesverband Breitbandkommunikation (Breko) vorgestellt hat. In dem Verband sind die Wettbewerber der Deutschen Telekom organisiert.
Glasfaserausbau in der Fläche verliert an Tempo
Der Analyse zufolge lag die Glasfaser-Ausbauquote im Juni 2024 mit knapp 20 Millionen Anschlüssen bei rund 43 Prozent. Das waren rund 15 Prozent mehr Anschlüsse als zum gleichen Zeitpunkt des Vorjahrs. Zwischen Juni 2022 und Juni 2023 war diese Zahl noch um rund 36 Prozent gestiegen. Die Quote bezieht sich auf Straßenzüge, in denen die Kabel für schnelles Internet bereits verlegt wurden, ohne direkten Anschluss an die Haushalte.
Das abnehmende Tempo ist aus Sicht von Breko-Präsident Norbert Westfal ein Frühindikator für den Stand der politisch vorgegebenen Ausbauziele. "Laut unserer Prognose wird Deutschland das Ziel von Glasfaseranschlüssen für die Hälfte der Haushalte bis 2025 erreichen", betonte er. Doch die flächendeckende Versorgung bis 2030 ist demnach nicht in Sicht. Den Prognosen des Verbands zufolge ist bis dahin lediglich eine Ausbauquote zwischen 76 und 86 Prozent realistisch.
Zahl der direkten Anschlüsse steigt schneller
Während das Ausbautempo in der Fläche abnimmt, wächst die Zahl der direkt angeschlossenen Haushalte, Unternehmen und Behörden schneller. Im Juni 2024 waren demnach rund 10,5 Millionen Haushalte direkt ans Glasfasernetz angeschlossen. Das waren rund 18 Prozent mehr als im Juni 2023. Im Vergleichszeitraum des Vorjahrs lag der Anstieg bei lediglich 3,5 Prozent. Um in der Fläche wieder zuzulegen, brauche es eine politische Kurskorrektur, fordert der Verband. "Insbesondere fordern wir von der Bundesnetzagentur ein Konzept für einen wettbewerbskonformen Übergang von Kupfer- auf Glasfasernetze", teilte der Breko mit.
Der Glasfaserausbau geht zwar voran, doch viele Deutsche wollen weiter lieber über Kupferkabel online gehen. Nach einer dem SPIEGEL vorliegenden Studie des Beratungshauses BearingPoint nutzen noch immer 49 Prozent der Befragten einen herkömmlichen DSL-Anschluss – und viele wollen dabei bleiben.
Ein Grund sind die Kosten: Im Schnitt zahlen Glasfasernutzer fünf Euro mehr pro Monat als solche mit DSL-Anschluss, auch weil sie höhere Bandbreiten buchen. Gleichzeitig ist ihre Zufriedenheit signifikant höher. Dennoch steigt die Zahl der aktiven Glasfaseranschlüsse nur moderat.
Vorwurf: Glasfaser nicht gleichwertig gefördert
Ende Juli hatte das Bundeskabinett beschossen, das der Ausbau von Telekommunikationsnetzen in Deutschland künftig im "überragenden öffentlichen Interesse" liegen soll. Die in dem Rahmen verabschiedete Regelung mit dem sperrigen Namen "Telekommunikations-Netzausbau-Beschleunigungsgesetz" soll dafür sorgen, dass Funklöcher einfacher geschlossen werden können. Provider zeigten sich enttäuscht von den Plänen: Sie hatten mehr erwartet.
Stephan Albers, Geschäftsführer von Breko, kritisierte damals, dem Gesetz fehle die Substanz, den Netzausbau zu erleichtern und zu beschleunigen. "In der Praxis wird der Glasfaserausbau davon nicht profitieren, denn im Rahmen naturschutzrechtlicher Prüfungen soll das ›überragende öffentliche Interesse‹ nur für den Mobilfunkausbau gelten. Damit macht die Bundesregierung deutlich, dass der Glasfaserausbau für sie offensichtlich keine Priorität mehr hat."
Den Link zur Pressemitteilung finden Sie hier.