Der aktuelle Digital-Gipfel der Bundesregierung in Jena (Thüringen) bietet einen Anlass, eine Zwischenbilanz der Digitalisierung in Deutschland zu ziehen und Ziele neu zu justieren. In diesem Jahr steht das Thema Künstliche Intelligenz im Fokus.
Keine zu strenge Regulierung der KI
Die Bundesregierung will eine "zu strenge Regulierung der Künstlichen Intelligenz" in der Europäischen Union verhindern. "Das Wichtigste ist jetzt, eine vernünftige KI-Verordnung auf der europäischen Ebene hinzubekommen", sagte Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) zum Auftakt des Digital-Gipfels der Bundesregierung in Jena in einem Podcast des Digitalverbandes Bitkom. "Da kann man sehr viel richtig machen, man kann aber auch einiges falsch machen", sagte der Vizekanzler.
Positionspapier der Bundesregierung
Am Montag wurde auch ein Positionspapier der Bundesregierung zusammen mit den Regierungen von Italien und Frankreich zur KI-Regulierung bekannt, das sich an die spanische Ratspräsidentschaft der EU richtet. In dem Papier wird zwar allgemein die Notwendigkeit einer KI-Regulierung befürwortet. Das KI-Gesetz solle aber nur die Anwendung von KI regeln und nicht die Technologie als solche. "Dieser risikobasierte Ansatz ist notwendig und dient dazu, Innovation und Sicherheit gleichzeitig zu bewahren." Spanien hatte am 1. Juli den Vorsitz im Rat der Europäischen Union für die zweite Jahreshälfte 2023 übernommen.
Beste Verkehrsvorschriften aber kein Verkehr?
Habeck sagte: "Wenn man das überreguliert, haben wir die besten Verkehrsvorschriften, aber keinen Verkehr auf der Straße. Das darf nicht passieren." Neben einer angemessenen KI-Regulierung mache sich die Bundesregierung dafür stark, Investitionen der Privatwirtschaft in Digitaltechniken zu ermöglichen. Deutschland müsse im Risikokapital-Bereich eine "richtige Welle auslösen", damit Unternehmen entweder eigene Geldgeber aufspüren oder Geldgeber die geeigneten Unternehmen finden können.
Innere Trägheit des aufgebauten Systems
Habeck räumte ein, dass es bei der Digitalisierung der Verwaltung in Deutschland noch Defizite gebe. Als Ursache machte der Minister "die innere Trägheit eines aufgebauten Systems, die man überwinden muss" aus. "Irgendjemand glaubt halt, dass der Staat noch immer die Papierform braucht in irgendwelchen Anträgen oder um das dokumentieren zu können." Die Parteien der Ampel-Koalition seinen sich aber einig darin, diese Defizite zu überwinden.
1000 Teilnehmer
Auf dem Digital-Gipfel der Bundesregierung diskutieren rund 1000 Teilnehmer aus Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und der Zivilgesellschaft über eine Umsetzung der digitalen Transformation. Unter anderem geht es darum, ob und wie Künstliche Intelligenz die Verwaltung effizienter und bürgerfreundlicher machen kann.
BREKO: Mehr Digitalisierung, schnellere Genehmigungsverfahren
Zum Digitalgipfel meldet sich auch der Bundesverband Breitbandkommunikation (BREKO) zu Wort. Die Bundesregierung solle endlich Maßnahmen für einen schnellen und nachhaltigen Glasfaserausbau umsetzen, denn „flächendeckende Glasfasernetze bilden die zukunftssichere Grundlage für die digitale Transformation von Wirtschaft und Gesellschaft. Nur durch den umfassenden Einsatz digitaler Technologien kann Deutschland die Energiewende erfolgreich meistern und somit seinen Verpflichtungen zum Klimaschutz nachkommen."
Die Telekommunikationsunternehmen seien sich dieser großen Verantwortung bewusst und wollten die Glasfaserinfrastruktur so schnell wie möglich flächendeckend ausrollen. Damit der Glasfaserausbau weiter schnell vorankomme, appelliert die Branche an die Bundesregierung, für stabile und investitionsfreundliche Rahmenbedingungen zu sorgen.
Wichtig seien dafür insbesondere schnelle und digitale Genehmigungsverfahren. Hierfür hätten Bund und Länder im gemeinsamen „Pakt für Planungs- Genehmigungs- und Umsetzungsbeschleunigung“ wichtige Akzente gesetzt, die im laufenden Gesetzgebungsverfahren zum Telekommunikations-Netzausbau-Beschleunigungsgesetz aufgegriffen werden müssen.
BREKO: Doppelausbau verschwendet Ressourcen
Und zum wiederholten Mal fordert die Branche, eine wirksame Maßnahme gegen den "strategischen und ressourcenverschwendenden Doppelausbau von Glasfasernetzen" durch das marktbeherrschende Unternehmen Deutsche Telekom zu ergreifen. Dazu hatte der BREKO bereits einen konkreten Vorschlag unterbreitet.
Im BREKO sind über 470 Mitgliedsunternehmen vertreten, die auf Glasfaser setzen und nach eigenen Angaben "für mehr als die Hälfte des Ausbaus von Glasfaseranschlüssen" in Deutschland verantwortlichs sein. Die mehr als 240 im Verband organisierten Telekommunikations-Netzbetreiber versorgten sowohl Ballungsräume als auch ländliche Gebiete mit "zukunftssicheren" Glasfaseranschlüssen, wofür sie im Jahr 2022 4 Mrd. Euro investiert hätten.
Eine Einschätzung (von Henning Gajek)
Gipfeltreffen sind wichtig, weil dort in entspannter Atmosphäre Ideen geschmiedet und Weichen gestellt werden können.
Es ist vernünftig, bei der Künstlichen Intelligenz ein paar Regeln einzuziehen, beispielsweise eine Mitteilung an den Kunden, wenn KI im Spiel ist und eine Begründung, warum die KI so entschieden hat, wie sie entschieden hat und schließlich ein "Not-Aus" oder ein "Override", womit offensichtliche "Fehlentscheidungen" der KI von realen Menschen umgangen oder gestoppt werden können.
Was den Glasfaserausbau betrifft, bedarf es eines Gipfels zwischen der Führungselite der Deutschen Telekom und den führenden Verbänden wie BREKO, BUGLAS, VATM etc. Hinter verschlossen Türen, wie bei einer Papstwahl. Die Beteiligten dürfen erst dann wieder raus, wenn es klare Vereinbarungen gibt, wie das Land gemeinsam ausgebaut werden kann, in Kooperationen oder Joint Ventures, wenn das Thema "Open Access" endlich in technisch klar verbindliche Regeln, die dann auch mit einem Preisschild versehen werden müssten, gegossen wird.
Künftig soll es für den Kunden vor Ort egal sein, wer da baut, weil jeder Glasfaser-Verleger verpflichtet wird, sofort auch Kunden anderer Anbieter ohne Vertrags- oder Anbieterwechsel anzuschließen. Soll heißen: Wenn XY-Tel baut, müssen Telekom-Kunden das zu ihren gewohnten Tarifen der Telekom weiter nutzen können. Wo die Telekom baut, kann XY-Tel sofort mit der Vermarktung der Telekom-Fasern zu eigenen Tarifen und Konditionen beginnen. Ausreden darf es da nicht mehr geben. Der Überbau wäre über Nacht Geschichte.
Die Verbändeforderung an die Politik, die Telekom bis zum Stillstand auszubremsen, ist an Irrealität nicht zu überbieten. Oder wird sie nur als Alibi gebraucht, weil viele Konkurrenten längst bemerkt haben, dass sie es gar nicht schaffen werden? Das wäre in der Tat fatal.
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